Handel warnt vor Lockdown mit Ladenschließungen

+ Ein Drittel der Händler in Existenznöten (Teil2)

Mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen und Diskussionen
um eine Schließung aller Nicht-Lebensmittelgeschäfte macht
der Handelsverband Deutschland (HDE) deutlich, dass der
Einzelhandel kein Hotspot ist. Eine eventuelle Schließung der
Geschäfte sei deshalb für eine effektive Pandemiebekämpfung
nicht notwendig und würde im Weihnachtsgeschäft für
enormen wirtschaftlichen Schaden sorgen.
„Die steigenden Infektionszahlen machen dem Einzelhandel große
Sorgen. Es ist in unser aller Interesse, das Infektionsgeschehen durch
effektive und zielgerichtete Maßnahmen rasch wieder unter Kontrolle zu
bringen. Dazu leisten wir im Einzelhandel mit der konsequenten
Umsetzung umfassender Hygienekonzepte einen wichtigen Beitrag“, so
HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Die aktuellen Infektionszahlen
unter den Beschäftigten des Einzelhandels belegten, dass der
Einzelhandel unabhängig von der Größe der Verkaufsfläche kein
Infektionshotspot sei. „Offene Läden und die wirkungsvolle Bekämpfung
der Pandemie sind kein Widerspruch, eine erneute Schließung vieler
Geschäfte ist nicht notwendig“, so Genth weiter.
Der Handelsverband rechnet vor, dass eine Schließung des Non Food-
Handels für den aufgrund der bisherigen Corona-Beschränkungen
bereits stark existenzgefährdeten innerstädtischen Handel und
insbesondere für den Mittelstand fatale wirtschaftliche Folgen hätte.
Genth: „Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist neben der
Woche vor Heiligabend die umsatzstärkste Zeit des
Weihnachtsgeschäfts.“ Viele Händler machen in November und
Dezember ein Viertel ihres Jahresumsatzes. Den Nonfood-Handel
könnten erneute Ladenschließungen bis zu eine Milliarde Euro Umsatz
pro Tag kosten.
Wenn dennoch Ladenschließungen angeordnet würden, plädiert der
HDE dafür, diese frühestens nach dem 24.12.2020, besser erst ab
Januar, für einen vorab klar definierten, überschaubaren Zeitraum
umzusetzen. „Dann sind aber auch entsprechende staatliche Hilfen für
die betroffenen Händler gefordert. Ansonsten kommt es zu einem
Flächenbrand in unseren Innenstädten“, so Genth weiter. Hier solle die
Politik dann analog zur Gastronomie in den Monaten November und
Dezember vorgehen. Um eine möglichst geordnete Abwicklung des
Weihnachtsgeschäftes zu gewährleisten und Panikkäufe zu vermeiden,
sei es wichtig, dass eine solche Entscheidung nicht zu kurzfristig
getroffen werde.

Teil 2:

Das Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel leidet auch in der Woche
vor dem zweiten Advent stark unter den Auswirkungen der
Corona-Pandemie. So lief es bei einigen Händlern zwar besser als
in der Vorwoche, insgesamt sieht sich aber nach einer aktuellen
HDE-Trend-Umfrage unter 500 Handelsunternehmen ein Drittel der
Einzelhändler durch die Epidemie und ihre Auswirkungen in
Existenznöten.
„Die Lage ist nach wie vor insbesondere in den Innenstädten
dramatisch. Viele Einzelhändler wissen nicht mehr, wie sie diese Krise
angesichts der schrumpfenden Umsätze überstehen sollen. Das in
normalen Jahren so umsatzstarke Weihnachtsgeschäft könnte 2020 für
bis zu 50.000 Händler in die Insolvenz führen“, so HDEHauptgeschäftsführer
Stefan Genth. Die HDE-Trend-Umfrage macht
deutlich, dass im Bereich Bekleidung bisher 80 Prozent der Händler mit
dem Gesamtverlauf des bisherigen Weihnachtsgeschäfts unzufrieden
sind. In der Folge sehen sich 45 Prozent der Innenstadthändler wegen
der Coronakrise in existenzieller Not. Über alle Handelsbranchen
hinweg liegt dieser Wert bei 35 Prozent.
Insgesamt verliefen die Tage vor dem zweiten Advent etwas positiver
als in der Vorwoche. Vor allem Händler aus weihnachtsaffinen
Branchen wie Spielwaren, Einrichtung, Accessoires, aber auch
Unterhaltungselektronik und Lebensmittel berichten von ansteigenden
Besucherzahlen. Im Vergleich zum Vorjahr bleibt der Kundenschwund
allerdings deutlich. So spürt eine Mehrheit aller Handelsunternehmen
deutliche Umsatz- und Frequenzrückgänge gegenüber der
Weihnachtszeit 2019. Im Bekleidungshandel zeigt sich nur eine leichte
Verbesserung der Geschäftslage. Hier liegen die Umsätze immer noch
um ein Drittel unter dem Vorjahresniveau.
„Es gibt derzeit wenig Hoffnung, dass das Weihnachtsgeschäft vor
allem für die innerstädtischen Händler noch eine positive Wendung
nehmen kann. Hier fällt bei vielen die mit Abstand umsatzstärkste Zeit
weg. Insofern ist es jetzt wichtig, dass die Überbrückungshilfen auch im
Einzelhandel ankommen. Ansonsten werden wir viele Insolvenzen
erleben und damit große Lücken in den Innenstädten“, so Genth.
Zudem sei es jetzt dringend notwendig, den Einzelhandel in den 1-ALagen
von den hohen Mieten zu entlasten, indem der Gesetzgeber
endlich klarstellt, dass diese Pandemie eine Störung der
Geschäftsgrundlage darstellt und damit eine Mietreduzierung
ermöglicht. Auch der von der Politik teilweise schon begonnene Weg
der Förderung der Stadtzentren sei konsequent weiter zu beschreiten
und ein Innenstadtfonds in Höhe von 500 Millionen Euro einzurichten.