Praxisfragen zur Wiederanhebung der Mehrwertsteuer – was Unternehmen jetzt beachten müssen

Am 31. Dezember 2020 endete die befristete Senkung der Mehrwertsteuersätze. Das Bundesfinanzministerium hat ergänzend ein Schreiben publiziert, worin neben speziellen Fragen die für den Einzelhandel besonders relevanten Anzahlungen und Gutscheine abgehandelt werden.

Beachten Sie, dass für die Höhe des anzuwendenden Mehrwertsteuersatz (z.B. 16 oder 19 Prozent) ist immer der Zeitpunkt der Lieferung relevant ist. Lieferungen gelten als ausgeführt, wenn der Kunde die Verfügungsmacht über einen Gegenstand erlangt. Der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Zahlung sind nicht maßgeblich.

Praxisbeispiel 1: Kunde K kauft am 28. Dezember im Webshop von Einzelhändler E zum Normalsatz besteuerte Ware im Wert von 116 €, die K direkt online vollständig bezahlt.  K möchte die Ware am 30. Dezember im Rahmen von Click & Collect (Annahme ist zulässig) in den Geschäftsräumen von E abholen.

  • Der Kunde kommt am 30. Dezember und erhält die Ware – der Mehrwertsteuersatz beträgt 16 Prozent.
  • Der Kunde kommt erst am 2. Januar – der Mehrwertsteuersatz beträgt 19 Prozent.

Variation: K weiß beim Kauf schon, dass er die Ware erst am 2. Januar abholen kann.

  • K kann bereits 19 Prozent Mehrwertsteuer berechnen. Denn gem. BMF-Schreiben vom 11. November Tz. 1: „Soweit feststeht, dass die jeweilige Leistung erst nach dem 31. Dezember 2020 erbracht wird, wird es .. nicht beanstandet, wenn bereits der dann gültige Steuersatz von 19 Prozent bzw. 7 Prozent angewandt wird.“

Praxisbeispiel 2: Kunde K möchte bei Einzelhändler M eine Küche kaufen. Die Lieferung kann erst 2021 erfolgen. K fragt, ob der trotzdem den gesenkten Mehrwertsteuersatz erhält. M bietet K den Erwerb eines Einzweckgutscheins im Wert der Küche an.  M muss dabei die restriktiven Vorgaben des Schreibens vom 11. November Tz. 5 ff. beachten. Demnach gilt:

„Die Ausstellung eines als Gutschein bezeichneten Dokuments für einen verbindlich bestellten Gegenstand, bei dem ein späterer Umtausch, eine Barauszahlung oder eine Übertragung des Gutscheins auf einen anderen Verkäufer bzw. Käufer ausgeschlossen ist und dessen Ausstellung mit einer Abnahmeverpflichtung verbunden ist, ist eine Anzahlung, die gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist, zu versteuern ist. Die Umsatzsteuer ist bei Zahlung vor dem 1. Januar 2021 zunächst mit einem Steuersatz von 16 Prozent bzw. 5 Prozent zu berechnen. Bei Lieferung des Gegenstands nach dem 31. Dezember 2020 hat anschließend eine Berichtigung auf 19 Prozent bzw. 7 Prozent im Zeitpunkt der Leistungsausführung zu erfolgen. Steht bereits bei Leistung der Anzahlung fest, dass die Lieferung erst nach dem 31. Dezember 2020 erfolgen wird, kann die Anzahlung aus Vereinfachungsgründen bereits mit 19 Prozent versteuert werden.“